Verzug droht: Was kann der Auftraggeber unternehmen?
OLG Stuttgart, Urteil vom 30.01.2018 – 10 U 84/17
- Wird eine Auftragsentziehung auf § 5 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 VOB/B, also unzureichenden Einsatz von Arbeitskräften, Geräten, Gerüsten, Stoffen oder Bauteilen, gestützt, muss der Kündigende im Prozess substantiiert darlegen, dass die Ausführungsfristen dadurch offenbar nicht eingehalten werden konnten.*)
- Frühestens wenn die Überschreitung der Herstellungsfrist ernsthaft droht, kann nach § 5 Abs. 4 VOB/B i.V.m. § 323 Abs. 4 BGB ein Kündigungsrecht entstehen. Zu der im Zeitpunkt der Kündigungserklärung bestehenden Herstellungsfrist und den Umständen, die deren Einhaltung ernsthaft bedrohen, hat der Kündigende im Prozess substantiiert vorzutragen.*)
- Ein Gläubiger hat für den Fall, dass bereits vor Fälligkeit der Leistung ernsthafte Zweifel an der Leistungsbereitschaft oder der Leistungswilligkeit des Schuldners bestehen, ein schützenswertes Interesse daran, Klarheit über den Vertrag zu erlangen. Der Gläubiger kann deshalb dem Schuldner vor Fälligkeit der Leistung eine angemessene Frist zur Erklärung eigener Leistungsbereitschaft und zum Nachweis fristgerechter Erfüllung des Vertrages setzen, wenn die rechtzeitige Erfüllung durch Hindernisse ernsthaft in Frage gestellt ist, die im Verantwortungsbereich des Schuldners liegen, und dem Gläubiger ein weiteres Zuwarten nicht möglich ist (Kooperationsgebot).*)
- Dieses Klärungsbedürfnis des Gläubigers führt vor Fälligkeit der Werkleistung nur unter den Voraussetzungen des § 323 Abs. 4 BGB zu einem Rücktrittsrecht.*)
- Fehlt für eine Kündigung des Auftraggebers der wichtige Grund und ist eine Auslegung als freie Auftragsentziehung nach § 8 Abs. 1 VOB/B / § 649 BGB a.F. (§ 648 BGB n.F.) nicht möglich, ergeben sich die Vergütungsansprüche des Auftragnehmers aus § 326 Abs. 2 BGB, wenn der Auftraggeber ihm das Baugrundstück für eine Leistungserbringung nicht mehr zur Verfügung stellt oder das Werk durch andere Unternehmer errichten lässt.*)
Quelle und Volltext: ibr-online.de